
Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23.11.2023

Fuerteventura II

Fuerteventura III

Fuerteventura IV

Fuerteventura V

Fuerteventura VI

Nordsee I

Nordsee II

Nordsee III

Ostsee I

Ostsee II

Ausstellung Schmitz in Essen

Ostsee III

Ostsee IV

Ostsee V

Dänemark I

Dänemark II

Dänemark III

Dänemark IV

Dänemark V

Neujahr 2024
Er trat ein, und Bertlef stand im Pyjama da. Dies machte ihn, Klíma, verlegen, und er entschuldigte sich, weil er unangemeldet gekommen war. Aber Bertlef unterbrach ihn:
»Mein Freund. Entschuldigen Sie sich nicht! Sie haben mir die größte Freude gemacht, die mir hier je einer zu so früher Stunde bereitete.« Der Amerikaner schüttelte seinem Gast die Hand und fuhr fort: »In diesem Land schätzen die Menschen den Morgen nicht. Sie erwachen gewaltsam mit Hilfe des Weckers, der ihren Schlaf zerteilt wie ein Axthieb, und schlagartig ergeben sie sich trübsinnigster morgendlicher Eile. Sagen Sie mir, was soll aus einem Tag werden, der mit solch einem Gewaltakt beginnt? Was muß in Menschen vorgehen, denen täglich mit Hilfe des Weckers ein kleiner Elektroschock versetzt wird? Sie werden jeden Tag an Gewalt gewöhnt und jeden Tag der Lust entwöhnt.
Glauben Sie mir, über den Charakter der Menschen entscheiden ihre Morgenstunden.« Bertlef nahm Klíma leicht bei der Schulter, setzte ihn in einen Sessel und sprach weiter: »Und ich habe die morgendlichen Stunden der Untätigkeit so gern, in denen ich gemächlich und wie über eine Brücke mit vielen Statuen aus der Nacht in den Tag, aus dem Schlaf ins Wachen schreite. Es ist jener Teil des Tages, wo ich so dankbar für ein kleines Wunder wäre, für eine unerwartete Begegnung, die mich überzeugen würde, daß sich meine Träume fortsetzen und daß zwischen dem Abenteuer des Schlafes und dem Abenteuer des Tages kein Abgrund klafft.«
Milan Kundera – Abschiedswalzer Suhrkamp Taschenbuch S.27/28