Im Stunden währenden Wechsel der den Tag verhüllenden Nacht ziehen bunte Lichter, tänzeln durch den Schoß der Farben und schmiegen sich sanft an die uns ummantelnden Wände.
Die Wandbilder werden nachts mit einer Hasselblad in 6 – 12 Stunden langen Belichtungszeiten analog fotografiert und werden später direkt vom Negativ analog als C-Print abgezogen.
Die außergewöhnliche malerische Qualität dieser Aufnahmen kann digital kaum wiedergegeben werden.
Ausstellung
Aenne Biermann Preis
„Raumwelt“ Aenne Biermann Preis
Räume sind seit Jahren Thema von Jens Komossa. Bewußt verzichtet er auf Menschen. Ihn fasziniert die Beschreibung der verlassenen Orte, die er als Buehne wahrnimmt. Seine Bilder entstehen immer nachts, und er vertraut den Raeumen und Dingen, die Rueckschluesse ueber die abwesenden Menschen geben.
In den Wandbildern nimmt er den Raum als Anlaß, ihn neu zu interpretieren. Durch das vorhandene und das von außen einfallende Licht, das sich im Lauf des stundenlangen Belichtens aendert, entstehen neue Räume, die sich von ihren Bewohnern entfernt haben.
Für ihn ist es ein kalkuliertes Spiel, aber auch ein Spiel mit dem Zufall. Dies kann nur Fotografie – naemlich Zeit in einem winzigen Moment festzuhalten. Oder Zeit so auszudehnen, daß Bilder entstehen, die uns ohnedieses Medium nie erreicht haetten.
Ute Mahler
Ausstellung
Galerie Asperger Berlin
bei Komossa Baumgärtel in Münster
Art News
Die aktuelle deutsche Fernsehdokumentation „Berlin bei Nacht“ blickt auf eigentümliche Nachteulen; wie eine unternehmerische Hausfrau, die mit selbstgeschmierten Stullen durch die Nachtclubs hausieren geht, oder der “Illuminator“ der liebenden Pärchen, Kerzen statt Rosen anbietet. Doch der wahre Star des Films ist Jens Komossa, der seine eigene Tätigkeit beschreibt als „die ganze Nacht herumstehen und die Kamera bewachen.“ Die Belichtungszeiten einer seiner Nachtaufnahmen können sich von sechs bis zu acht Stunden hinziehen. „Wenn man in einer Nacht nur ein einziges Bild belichtet,“ sagt Komossa „wird eine spezielle Form der Konzentration möglich.“
Der 41jährige Künstler begann mit seinen ersten Nachtaufnahmen, lediglich das vorhandene Licht nutzend, während seiner Ausbildung zum Kommunikationsdesigner an der Folkwang-Schule in Essen in den frühen 90er Jahren. Auf seinen Reisen durch französische Landschaften, fasziniert durch das Glühen von Neonzeichen und Straßenlaternen in verschlafenen Dörfern und Städten, war die Darstellung der erlebten Eindrücke erst durch überlange Belichtungszeiten möglich.
So fuhr er fort mit der gleichen Methode den hinfälligen Charme billiger Hotels in Frankreich zu dokumentieren, wie auch die Strassen Berlins oder den nächtlichen Ausblick durch die Fenster der Wohnungen von Freunden. Diese Interieurs, betitelt als „Berliner Zimmer“ (1998) wurden 2005 bei Dorothée Schmid Art Consulting in London ausgestellt und in einem Preisrahmen zwischen $2000 und $4700 verkauft. In der Serie “Television Rooms“ fotografiert Komossa, der auch von der Kölner Galeristin Sabine Schmidt repräsentiert wird, aus der Sicht eines uns verborgenen Fernsehers, der den Raum beleuchtet. Seit diesem Monat können einige Nachtaufnahmen des Künstlers bei der Installation „Berlin Garten“ in Berlin Mitte betrachtet werden.
Nach Jahren des Experiments ist Komossa zu einer eigenständigen Ausdrucksform gelangt. Seinem Studium an der Folkwang-Schule vorausgehend, schloß er eine dreijährige Ausbildung zum Industriefotografen in der Fotoabteilung der Thyssen Stahl AG in Duisburg ab, die ihm tiefgehende Einblicke in handwerkliche Techniken gewährten, die ihn schon seit geraumer Zeit interessierten. Dort hatte er Geschäftsführer, Maschinen, Produktproben und Fahrzeugteile fotografiert. Doch zurückblickend sagt er „die kühle Ästhetik der Industriefotografie war nicht so sehr mein Ding.“ So begann er sich den scheinbar bedeutungslosen Dingen, wie etwa Treppenstufen, Gullideckeln oder Eingangsfluren zuzuwenden, die eigentümlich abstrahiert in seiner Nachtfotografie erscheinen.
Während Komossa sich weiterhin den erkennbaren Objekten und Schauplätzen widmet, wird seine aktuelle Arbeit, die im Mai bei Dorothée Schmid zu sehen sein wird, zunehmend abstrakt. Ausschnitte des Raumes werden aus ihrem Kontext herausgelöst und zum alleinigen Spannungsfeld zwischen Material und Farbe. Die Gunst der langen Belichtungszeiten beschert Farbnuancen einen erstaunlichen Reichtum, und aus den Falten eines Duschvorhangs entwickelt sich die aufblühende Geste eines Faltenwurfs der Renaissance.
David Galloway